Nachhaltige Gesundheitsförderung im Sportverein - Ist das heutzutage überhaupt möglich?

Nachhaltige Gesundheitsförderung im Sportverein - Ist das heutzutage überhaupt möglich?

Im Zeitalter der Generation Y oder Millennials hat sich nicht nur das Konsumverhalten der Gesellschaft, sondern auch das Gesundheitsbewusstsein der gesamten Bevölkerung rapide verändert. Bei jedem kleinen Stechen, jedem Husten wird umgehend Dr. Google nach den Symptomen befragt. Während einst Oma mit ihrem Wundertee in Kombination mit ein paar lieben und aufmunternden Worten heilende Wirkung erzielte, nimmt heutzutage immer mehr das Smartphone die Rolle des Allwissenden ein. Eben jene Menschen legen nun jeden Tag mehr und mehr Wert auf ihre Gesundheit, messen und vergleichen Abends ihre zurückgelegten Schritte per Smartwatch oder Smartphone, analysieren mit den neusten Apps die Kalorienanzahl in ihrem Essen oder erstellen ihre individuellen Trainingspläne, um sich gesund und fit zu halten. Doch sind sie wirklich so „smart“ wie sie sich geben?

In einer immer hektischer werdenden Welt, in der sich Menschen von einem Termin in den nächsten stürzen, können wir da innerhalb eines straffen Terminplans überhaupt noch auf unsere Gesundheit achten? Um die Fahrzeit zur Arbeit oder Schule effektiv zu nutzen bzw. die Zeit dorthin zu vertreiben, starren rund 90% der Fahrgäste nahezu ununterbrochen auf ihr Smartphone ohne einmal zu überlegen, welche Auswirkungen diese ständig gekrümmte Haltung für unseren Nacken- bzw. unsere Wirbelsäule hat. Nach einem kurzen Fußweg zum Verkehrsmittel, wenn überhaupt, verbringt ein Großteil der heutigen Gesellschaft fast den kompletten restlichen Tag im Sitzen ohne entlastende Bewegung für den Körper.

Der steigende Druck jederzeit und überall erreichbar zu sein hat zwar viele Vorteile, aber birgt auch Risiken mit sich. Selbst unsere Kinder, welche gerade erst zur Grundschule oder in die fünfte Klasse gehen, leiden häufig unter einem stressigen Alltag, der durch viele Termine bestimmt ist. Eine gesunde Ernährung bleibt dann meistens auf der Strecke. Auch viele Kinder und Jugendliche aus Sportvereinen müssen immer mehr auf Fastfood oder andere ungesunde Nahrungsmittel zurückgreifen, da weder sie noch die Eltern die Zeit oder das Wissen haben etwas Gesundes für den Tag vorzubereiten.

Hinzu kommt, dass jede Sportart, vor allem aber die Ballsportarten in den letzten Jahren rasante Entwicklungen durchgemacht haben und noch kein Ende in Sicht ist. Die Sportarten werden regelmäßig angepasst und schneller gemacht, damit eine maximale Attraktivität für den Zuschauer gewährleistet wird. Was diese Regeländerungen für den Körper eines heranwachsenden Erwachsenen bedeutet, davon macht sich kaum einer ein Bild. Die meisten Jugendlichen kämpfen ohnehin über Jahre hinweg mit Wachstums- und Anpassungsschmerzen. Seit neuestem muss der Körper noch viel größere Anforderungen zusätzlich stemmen.

Dieser Teufelskreis aus höheren Erwartungen und Anforderungen, einseitigen Belastungen und ungesunder Ernährung führt nicht nur im Alter zu schwerwiegenden und teuren Folgeerscheinungen, sondern prägt bereits heute das Leben vieler Kinder und Jugendliche. Die neu gewonnenen Trainingsansätze führen dazu, dass nahezu alle Sportarten immer athletischer und professioneller werden. Gleichzeitig wird aber kaum Wert auf Nachhaltigkeit oder die Gesundheit der Sportler bzw. Kinder gelegt, da die Leistungsvereine, welche die Strukturen und die finanziellen Mittel für präventive Maßnahmen hätten, sich stattdessen auf den Erfolg fokussieren. Kleine Sportvereine hingegen, in denen die meisten unserer Kinder ihrem Hobby nachgehen, haben kaum die Mittel einen Athletiktrainer, Physiotherapeuten oder Ernährungsberater in den Alltag zu integrieren. Kann es aber trotzdem möglich sein, auch als kleiner Verein, ein gesundes und nachhaltiges Sportangebot anzubieten?

Genau dieser kritischen Frage haben sich unsere Trainer, Eltern und Verantwortlichen im Verein der Turnerschaft Jahn München gestellt, um letztendlich gemeinsam mit der Barmer Krankenkasse, der Technischen Universität München und vielen weiteren Partnern ein einmaliges Pilotprojekt ins Leben zu rufen. Unter dem Motto „Nachhaltige Gesundheitsförderung im Sportverein“ wird seit Februar 2018 das reguläre Training der Basketballer der Turnerschaft Jahn München von professionellen Trainern aus den nachfolgenden Bereichen ergänzt: Athletik-/Core-Training, Psychologie-/Stressmanagement und Ernährung.

v.l. Jochen Binder, Sabine Herbst, Prof. Dr. Claudia Wöhler, Peter Wagner, Anett Meinhardt, Fatih Altunbulak bei der Kickoff Veranstaltung.

Experten aus allen drei Schwerpunktbereichen bieten den Kindern, Jugendlichen, Eltern und Trainern in einzelnen Maßnahmen und Workshops wertvolle Einblicke in ihre Welt, um so alle Sportler, Trainer, aber auch die Familie ganzheitlich auszubilden.

Im Bereich „Stressmanagement durch mentales Training“ werden u.a. Themen wie kurz- und langfristige Entspannung, Konzentration, Stärkung des Selbstwertgefühls, Angstbekämpfung, Eigenmotivation und positives Denken theoretisch und praktisch beleuchtet und sowohl im Mannschafts – als auch im Einzel-Setting geübt.

Sabine Herbst bei der Durchführung von Entspannungsübungen


Zusätzlich werden die Maßnahmen von Studierenden der Technischen Universität München begleitet, um die durchgeführten Maßnahmen einzelner Schwerpunkte individuell auf ihre Anwendbarkeit und Effektivität zu evaluieren. Im Rahmen der gesamten Projektlaufzeit werden daher insgesamt zehn praxisbezogene Bachelor- und Masterarbeiten erstellt werden. Die Ergebnisse dieser Studien werden im Rahmen des Abschlussworkshops am 21.04.2020 veröffentlicht und ausgestellt.

„Durch das Pilotprojekt konnten wir unseren Sportlern nicht nur professionelles Zusatztraining in verschiedensten Bereichen anbieten, sondern über die Projektlaufzeit wichtiges Knowhow und weitere strategische Partner, wie z.B. Jezabel Athletics und OPED gewinnen, um auch nach der Pilotphase einzelne Maßnahmen sogar selbstständig im Verein weiter anzubieten“, resümieren Lena Friedrich und Fatih Altunbulak, welche das Projekt innerhalb des Vereins geleitet haben. Sabine Herbst, externe Projektleiterin, als ausgebildete Mentaltrainerin und Coach zuständig für das Stressmanagement und mentale Training, betont, dass der größte Erfolg sich in dem ganzheitlichen Projektansatz widerspiegele und damit verbunden auch in den neu erschlossenen Partnerschaften mit Rehazentren, Mentaltrainern, Athletiktrainern, Ernährungsberatern und Psychologen, weil dadurch alle Sportler im Verein nun bestmöglich versorgt und nachhaltig behandelt werden, um so langfristige Folgeschäden zu vermeiden.


Neben dem deutlich gesteigerten Gesundheitsbewusstsein gab es auch weitere positive Nebeneffekte seit Beginn des Projektes 2018. Erstmals in der Vereinsgeschichte gelang es unseren Jugendmannschaften sowohl im männlichen als auch im weiblichen Bereich an Finalspielen der Deutschen Meisterschaft teilzunehmen. Im Mai 2018 wurden unsere weiblichen U16 und U18- Mannschaften jeweils Deutscher Meister ihrer Altersklasse. 2019 verpasste die männliche U14 erstmals die Chance auf den Titel des Deutschen Meisters und musste sich mit der Vize-Meisterschaft begnügen. „Viel wichtiger als jeglicher Titel ist, dass alle Kinder der U14 die gesamte Saison trotz der erheblichen psychischen und physischen Belastungen, ohne große Verletzungen überstanden haben“, hebt Jezabel Ohanian, welche seit zwei Jahren die U14 Mannschaft in Athletikbereich trainiert hat, hervor.

Der deutsche Vize-Meister der Altersklasse U14 beim Core-Training unter der Anleitung von Jeza Ohanian.

Insgesamt hat das Projekt allen Beteiligten gezeigt, wie man neue Ansätze aus verschiedenen Bereichen ins Basketballtraining integrieren kann, um Belastungen zu reduzieren und somit den eigenen Körper vor Verletzungen präventiv zu schützen. Zwar stieß der Verein bei einzelnen Maßnahmen hin und wieder an sein Limit, da nicht jede Einheit auf Begeisterung bei den Verantwortlichen stieß, aber letztendlich konnte mit der Hilfe von der Barmer, der TU und allen weiteren Experten fundamentales Wissen weitergegeben werden. Es hat sich zudem herausgestellt, dass sich Kinder im Vereinssetting das neu erlernte Wissen mit praktischen Übungen und eigenen Erfahrungen viel besser einprägen und mitnehmen können als beispielsweise in der Schule. Aus diesem Grund war das durchgeführte Projekt ein voller Erfolg, da nicht nur die Spieler, sondern auch die Trainer und die ganze Familie wertvolles Wissen vermittelt bekommen haben und somit gezeigt werden konnte, dass auch Sportvereine einen wichtigen und ernstzunehmenden Beitrag innerhalb der gesundheitlichen (Weiter-)Bildung leisten können.

Falls Sie Interesse haben mehr über das Projekt und unsere Partner zu erfahren, laden wir Sie herzlichst am Dienstag, den 21.04.2020, zu unserem Abschlussworkshop ein. Dort haben Sie nicht nur die Möglichkeit sich über das Projekt zu informieren, sondern können auch live bei verschiedenen Übungen teilnehmen, um einen Einblick in unseren Projektalltag zu erhalten. Weitere Informationen werden in Kürze auf unserer Homepage bekannt gegeben.

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